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Patrick Siebert
Detlef Ignasiak: Das literarische Thüringen, Bucha 2014.
Die Kurstadt Bad Tennstedt gehört mit ihren knapp 2500 Einwohnern zu den kleinsten Städten in Thüringen. Der im Jahr 772 erstmals urkundlich erwähnte Ort, erhielt im 13. Jahrhundert eine städtische Verfassung und war als eine der fünf Waidstädte Thüringens vom 14. bis zum 17. Jahrhundert ein Zentrum der Herstellung des Farbstoffes Indigo. Als Glücksfall für die Stadt stellte sich die Entdeckung einer Schwefelquelle 1811 heraus, der für die Stadt zu einem großen Aufschwung führte. Die Kurtradition wird bis heute mit der Median-Klinik fortgeführt.
Eine Reihe bedeutender Persönlichkeiten verweilte und wirkte in Bad Tennstedt. James Bertuch (1564–1626), Vorfahr des Weimarer Verlegers Friedrich Justin Bertuch, war als Pädagoge an der Fürstenschule Pforta tätig. Der Schöpfer der ersten veröffentlichten Variante des »Hundertjährigen Kalenders« Christoph von Hellwig (1663–1721) war von 1696 bis 1712 Stadtphysikus in Bad Tennstedt, wo er um 1700 eine Zahnbürste erfunden haben soll. Einer seiner Nachfolger wurde Johann Christoph Hufeland (1695–1768), der mit dem Werk »Teutsch- und lateinisches, physicalisch- und medicinisches Lexikon« von 1713 eine Novität schuf. Die Theologenfamilie Ernesti steht seit 1704 mit der Stadt in Verbindung, nachdem Johann Christoph Ernesti (1662–1722) hier Superintendant wurde. Sein Sohn Johann August Ernesti (1707–1781) war nicht nur der Vorgesetzte von Johann Sebastian Bach in Leipzig, sondern auch Herausgeber klassischer griechischer Autoren wie Homer und Cicero. Als Verwaltungspraktikant weilte Novalis vom Oktober 1794 bis zum Dezember 1795 beim Kreishauptmann Coelestin August Just (1750–1822), der 1805 eine erste Biografie seines Freundes Novalis verfasste. Sein Haus am Markt 7 ist zwar erhalten, allerdings leerstehend (Stand 2013). Johann Wolfgang von Goethe blieb im Sommer 1816 zur Kur in der Stadt, nachdem sein eigentlicher Plan, nach Wiesbaden zu reisen, durch einen Wagenunfall durchkreuzt wurde. Doch auch in dem »heiteren Landstädtchen«, »wo ein Thüringer Schwefelwasser gute Wirkung versprach« ließ es sich wohl aushalten. So erlebte er hier ein Brunnenfest und das Vogelschießen. Seinen 67. Geburtstag wollte er in aller Stille feiern, was seine »wohlwollende Wirtin« mit der Schmückung seines Logierzimmers im Haus am Steinweg 10 zu verhindern wußte. Erwähnenswert ist die Begegnung mit dem Dichter Friedrich Krug von Nidda (1776–1843), dessen Nachdichtungen Goethe las und ihn ermunterte, auch weiterhin der Literatur nachzugehen. Der Philologe Friedrich Wilhelm Ritschel (1806–1876), einer der Wegbereiter der Erforschung des Frühlateinischen und Lehrer Friedrich Nietzsches, wurde in Bad Tennstedt geboren.
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