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Schriftsteller der Frühen Neuzeit
Sylvia Weigelt
Die Exkursion entstand im Rahmen eines Projekts der Literarischen Gesellschaft Thüringen e.V.
[1181/89 durch Ludwig III., den Frommen, erbaut. Der Sage nach gelobte Ludwig den Bau der Kirche, als er trotz Übermacht Heinrichs des Löwen im Kampf siegte. – Tatsächlich wurden er und sein Bruder Hermann gefangen genommen. In einer anderen Variante gelobte Ludwig dem heiligen Georg eine Kirche, wenn er je aus dieser Gefangenschaft frei komme. Wieder eine andere Sage überliefert, Ludwig sei seiner Barmherzigkeit wegen von Gott selber das Banner des heiligen Georg übergeben worden, das ihm während des Kreuzzuges 1189/90 besondere Kräfte verliehen habe. Das Banner verhinderte zwar nicht Ludwigs Tod auf diesem Kreuzzug (1190), doch der heilige Georg als von Ludwig erwählter Schutzpatron gelangte wohl auf diese Weise in das Stadtwappen von Eisenach.]
In der bekannten Sage vom »Sängerkrieg auf der Wartburg« ist es der vertraute Klang der Glocke der Eisenacher Georgenkirche, der Heinrich von Ofterdingen, dem Protagonisten aus Novalis‘ gleichnamigen Roman, die Ankunft in seiner Heimatstadt verkündet.
Die Glocke soll gerade zur Messe geläutet haben, als Ofterdingen mit sagenumwobenen Klingsor, Magier und sternelugir aus Siebenbürgen, im Eisenacher Hellgrevenhof [100 m in westlicher Richtung] ankam, wo er später aus den Sternen die Geburt der heiligen Elisabeth voraussagte.
[Hellgrevenhof: heute Gasthaus »Storchenturm«, um 1200 das vornehmste und damals sicherste Gasthaus in Eisenach, im 17. Jahrhundert im Besitz des Dichters und Sprachforschers Kaspar Stieler , Vf. des erotischen Gedichtbands ›Die geharnischte Venus oder Liebeslieder im Kriege gedichtet‹ (1660) und ›Der teutschen Sprache Stammbaum und Fortwachs‹]
Zu Elisabeths Zeit war die Georgenkirche der bevorzugte Ort für feierliche Ereignisse am Landgrafenhof. Hier fand z. B. die Zeremonie der Schwertleite Ludwigs IV. am 6. Juli 1218 statt, hier wurden 1221 Ludwig und Elisabeth vermählt.
Linkerhand hinter dem Georgenbrunnen (1549), am Eingang der Karlsstraße, befindet sich eines der ältesten Fachwerkhäuser der Stadt. Möglicherweise stand an dessen Stelle einmal die Herberge »Titzel Gottschalks«, in der Wolfram von Eschenbach während seines Aufenthalts am Landgrafenhof wohnte. Der Eisenacher Literat Johannes Rothe berichtet, die Herberge habe sich »auf dem Markt, nahe am Schulzenbrunnen, direkt gegenüber dem Brothaus (heute das Rathaus)«befunden. [Noch im 15. Jahrhundert habe man hier in der »dinster Kemenate«, dem düsteren Zimmer, des Teufels Inschrift »Du bist ein Laie, ein Schnippenschnap!« sehen können, mit der dieser Wolframs gelehrte Disputation beendete.]
In der Kurrende (Laufchor) der Georgenkirche sang Luther während seiner Zeit an der dazugehörigen Lateinschule. Am 2. Mai 1521, nur einen Tag nach dem Reichstag zu Worms, hielt er am gleichen Ort eine Predigt, ehe er zwei Tage später auf der Wartburg ›festgesetzt‹ wurde.
An Luther erinnert an der Nordwand des Altarraumes ein mit dem kurfürstlichen sächsischen Wappen umrahmtes Doppelgemälde. Die linke Seite zeigt die Übergabe der Augsburger Konfession an Kaiser Karl V., die rechte zeigt Luther zusammen mit dem 1415 verbrannten böhmischen Reformator Johannes Hus. Luther spendet dem Kurfürsten Johann dem Beständigen den Kelch, während Hus Friedrich dem Weisen das Brot reicht. [Das Gemälde wurde 1618 von Herzog Johann Ernst I. aus Anlass der einhundertsten Wiederkehr der Reformation in Auftrag gegeben.]
Mit Luther in Verbindung stehen auch zwei Gedenksteine in der Kirche. Der eine ist Nikolaus von Amsdorf gewidmet, dem 1542 von Luther eingesetzten evangelischen Bischof zu Zeitz-Naumburg. Er verbrachte in Eisenach, im Haus des Superintendenten Menius, seinen Lebensabend und starb hier 1565. Ein zweiter Stein ist dem Mönch Johannes Hilten gewidmet. Er hatte noch vor Luther gegen die päpstlichen Dogmen rebelliert und war deshalb 1496 gefangen genommen worden. Er soll vorausgesagt haben: »Einst wird ein Held kommen, der euch Mönche scharf angreifen wird. Gegen ihn werdet ihr kein Wort vorzubringen wagen« (lat. Text auf Gedenkstein). Luther hatte davon während seiner Schulzeit gehört und ließ später – nachdem er selbst als dieser »Held« wahrgenommen wurde, über Hilten nachforschen.
Im Eingangsbereich der Kirche verweist ein überlebensgroßes Denkmal (A. Donndorf) auf den berühmtesten Sohn der Stadt: Johann Sebastian Bach wurde 1685 hier getauft. Zu Bachs Lebzeiten war allerdings in Eisenach Georg Philipp Telemann, 1708 – 1712 Konzert- und Hofkapellmeister der bekanntere Musiker.
Gleich hinter der Georgenkirche.
Abb. 1: Foto: Sylvia Weigelt / Abb. 2: Foto: Jens-Fietje Dwars.
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