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Jens-Fietje Dwars
Erstdruck in: Palmbaum 2/2019, S. 203.
Jens‑F. Dwars
Poesie des Hügelgaus
Versunken im Ich-Gestein, Das einsschauende Ausschauen oder Klar dem Nächtlichen verschwistert … – schon die Titel seiner grafischen Blätter waren reine Poesie. Wulf Kirsten nennt Gerhard Altenbourg denn auch in seinem Nachwort zum vorliegenden Band einen „dichtenden Zeichner und zeichnenden Dichter“.
Bislang waren die Gedichte des Malerpoeten jedoch nur vereinzelt zu finden: Proben brachten die drei Bände des Werkverzeichnisses, die vom Lindenau Museum 2004 bis 2010 im Wienand Verlag herausgegeben wurden. Das Insel-Bändchen Entwurf eines einsamen Lebens, das Dieter Brusberg 1997 mit Altenbourg-Texten ediert hat, enthielt 7 Gedichte. Und auch das Altenbourg-Heft des Palmbaums (2/2014) brachte den Lyriker zu Gehör.
Das nun vorliegende Büchlein versammelt erstmals 51 Gedichte des Grafikers, der eigentlich Schriftsteller werden wollte. Herausgeber Thorsten Ahrend hat sie Altenbourgs Künstlerbüchern entnommen von Dulce et decorum (1957) bis Rinnen (1968–1975). Es sind Versuche, das Fließend-Ungreifbare des Lebens, das seine Bilder in flüchtig kleinsten Farbpünktchen einfingen, mit Worten zu erfassen: „Ach manchmal denke ich: sein / doch immer nur Fluß unter Flüssen / immer vorbei und Vergehn“ (S. 38).
Ausgeblendet bleibt merkwürdigerweise das letzte Buch: Wund-Denkmale (1982), dem Wulf Kirsten 2004 ein Gedicht auf die Paditzer Schanzen für seinen Sammelband mit Thüringer Gedichten entnommen hatte. So treffend seine Feststellung im Nachwort, dass Altenbourg das Osterland zur Poesie erhob, so wenig gibt die vorliegende Auswahl dies zu erkennen, leider.
So fehlen einige wichtige Gedichte, vor allem das letzte, das Altenbourg im November 1989 schrieb: Hesychia („von Lethe umflüstert: Espenrascheln, senkt sich in die Kühle …“). Ich glaube auch nicht, dass sich das Hermetische, das Rätselhafte seiner Verse nur auf die Isolation des Malers im ideologisch normierten Kunstbetrieb der DDR zurückführen lassen. Die Wurzeln seiner Sehnsucht nach Verwurzelung mittels der Poesie liegen tiefer, reichen in die Schrecken seines Kriegsdienstes und noch weiter bis in die Kindheit zurück.
So bleibt dieser Poet noch immer zu entdecken. Doch ein Anfang ist gemacht, Dank dafür.
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