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Patrick Siebert
Detlef Ignasiak: Das literarische Thüringen, Bucha 2014.
In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts lebte Hugo von Meiningen, der zu frühen Meistersängern zugeordnet wird. Die reiche Theatertradition der Stadt beginnt mit einer Aufführung von Johann Steuerleins (1546–1613) Stück »Comoedia vom verlorenen Sohn«. Steuerlein wirkte von 1589 bis zu seinem Tod als Kanzleisekretär in Meiningen, wo er auch zum Poeta laureatus gekrönt wurde. Eine andere Art von Literatur verfasste Joshua Stegmann (1588–1632), der sich als Verfasser von geistlichen Liedern und Erbauungsschriften einen Namen machte. Nicht in erster Linie Schriftsteller, sondern Literaturwissenschaftler war Johann Caspar Wetzel (1691–1755). Zwar schrieb er auch Lieder, doch sind es seine hymnologischen Werke, die Wetzel zu einem wichtigen Vertreter der deutschen Literaturgeschichtsschreibung machen. Zu diesen gehören »Hymnopoegraphica, oder historische Lebensbeschreibung der berühmtesten Lieder-Dichter« (1719–1728) und »Analecta Hymnica« (1756), in denen 1100 Dichter vorgestellt werden. Ein anderer Philologe war Wilhelm Friedrich Hermann Reinwald (1737–1815), der seit 1763 als Bibliothekar in Meiningen wirkte und »die Selle und der gute Genius der Bibliothek« war, wie Ludwig Bechstein betonte. Reinwald lernte Friedrich Schiller am 7. Dezember 1782 in Meiningen kennen und geleitete ihn vom Gasthof »Zum Hirsch« am Markt nach Bauerbach. Reinwald wurde ein enger Vertrauter Schillers. Über private Korrespondenz lernte er dessen Schwester Christophine kennen, die er im Juni 1786 in Gerlinden ehelichte. Als Christophine Reinwald (1757–1847) sollte sie über fünf Jahrzehnte in Meiningen leben. Ihre letzte Wohnung war in der Georgstraße 4a. Mehrfach besuchte Schiller seine Schwester aus dem Bauerbacher Exil in Meiningen, wo er im November 1787 »zehn fröhliche Tage«, sowie weitere zwei im Jahre 1794, verbrachte. 1790 wurde ihm das Amt des Meiningischen Hofrates zuteil. Ein Schritt der dem Dichter nicht nur in Weimar Türen öffnete, sondern auch den Stand seiner Frau sicherte. Ebenfalls in der Georgstraße, im Haus 17a, lebte von 1801–1803 Jean Paul (1763–1825), der hier seinen »Titan« abschloss. Alle Bemühungen von Georg I. den Dichter, den er bereits 1799 zum Hofrat ernannt hatte, zu halten, nützten wenig.
»Sie sollen hier bleiben/Und schreiben/Und sollen haben/Frei Porto für Bayreuther Bier,/Nicht weniger frei Quartier/Nebst Büchern, die sie lesen/Wollen«.
Erinnerungen an ihn finden sich heute im Literaturmuseum Baumbachhaus. Sehr verschieden mögen die Erfahrungen Johann Wolfgang Goethes in der Residenzstadt gewesen sein. Führte ihn sein erster Besuch am 22. September 1780 gemeinsam mit Carl August in die Stadt, wo er die Kunstschätze im Schloss besichtigte, waren es im Jahre 1782 Universitätsangelegenheiten, in denen er als Weimarer Staatsbeamter zu verhandeln hatte. Sein letzter Aufenthalt im Oktober 1815 im Gasthof »Zum Hirsch« war einem Wagenunfall geschuldet.
Sein halbes Leben verbrachte Ludwig Bechstein (1801–1860) in Meiningen, wo er ab 1831 als Bibliothekar, später auch als Aufsicht über das Kunst- und Münzkabinett arbeitete. Literarisch bediente Bechstein alle Genres, wobei Sagen und Märchen überwiegen. Vor allem das »Deutsche Märchenbuch« (1845) und das »Deutsche Sagenbuch« (1853) sind in zahlreichen Auflagen erschienen und bis heute beliebt. 1836 heiratete er Johanna Therese Schultz (1806–1876), mit der er ab 1840 in der Neu-Ulmer-Straße 1 lebte. Sein Nachlass ist heute im Baumbachhaus zu finden. 1842 erhielt Bechstein Besuch von Heinrich Hoffmann von Fallersleben, der kritisch die Bechsteinsche Bibliothek beäugte: »Etwas weniger wäre mehr gewesen«. In Meiningen geboren wurde der Lyriker und Erzähler Ludwig Köhler (1819–1862). In den Jahren 1843/44 führte ihn die Freundschaft zu Bechstein wieder in die Stadt, für dessen Märchensammlung er Zuarbeiten lieferte.
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