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Von Goethes Tod bis zur Novemberrevolution
Harry Stein
Thüringer Literaturrat e.V. / Erstdruck in: Weimarer Kulturjournal, Nr. 1/2001.
Für Samuel Lublinski, der mit seiner Schwester bis 1909 in der Henßstraße 16 wohnte, begann in Weimar die fruchtbarste Zeit seines Schaffens. Hier beendete er 1908 sein Werk »Der Ausgang der Moderne«, mit dem er sich als innere Opposition nicht gegen die Moderne, aber gegen Naturalismus und Neoromantik wandte. Aus den Weimarer Kreisen, zu denen der antisemitische Schriftsteller Adolf Bartels gehörte, griff ihn Wilhelm Hegeler öffentlich an. Wie schon 1904/05, als sich bei Erscheinen von »Die Bilanz der Moderne« eine Fehde zwischen Lublinski und Arno Holz entzündet hatte, gab es auch nach diesem Buch einen Skandal, diesmal allerdings aus einer unerwarteten Richtung. Mit einer persönlich verletzenden Persiflage, die in niederträchtiger Weise antisemitische Klischees kolportierte, trat Ende Januar 1910 Theodor Lessing in der »Schaubühne« gegen ihn auf. Lessing sah in ihm den Prototyp des assimilierten jüdischen Intellektuellen, den »Esprit-Juden«, und verwies ihn in grober Art auf sein Judentum. Der Artikel löste eine Welle der Empörung aus, besonders Thomas Mann setzte sich für Lublinski ein. Wie die Weimarer Gesellschaft, in der Lublinski immer ein Fremder blieb, die öffentliche Diffamierung aufnahm, kann nicht mehr nachvollzogen werden, denn in den Weimarer Zeitungen und von den ortsansässigen Schriftstellern ist nichts überliefert. Lublinski kehrte 1910 dem neuklassischen Experiment den Rücken, wandte sich historischen Themen zu und knüpfte neue persönliche Kontakte, zum Beispiel zu Karl Kraus. »Kaiser und Kanzler« das Büchlein mit dem gelben Einband, das er Elisabeth Förster-Nietzsche mit verbindlichem Gruß widmete, blieb seine letzte literarische Arbeit. Am 25. Dezember 1910 erlag er in der Amalienstraße 29 (heute Haußknechtstraße 9), wo er im letzten Lebensjahr wohnte, einem Herzanfall.
Abb. 1, 2: Fotos: Jens Kirsten / Abb. 3: Bucheinband, Dresden 1909, Reissner / Abb. 4: Bucheinband, Leipzig 1909, Xenien-Verlag.
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