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Patrick Siebert
James Krüss: Heimkehr aus dem Kriege. Eine Idylle. Biederstein Verlag. München 1965.
Im Unterschied zu jenen illustren Gästen, die bereits einen Namen hatten, als sie Tautenburg aufsuchten, kam James Krüss als junger Mann, als noch unbeschriebenes Blatt. Damit hatte es eine eigene Bewandtnis. Der 18jährige Lehrerstudent war noch 1944 zur Wehrmacht eingezogen worden. Als der Krieg zu Ende ging, verstand er es im wahrsten Sinne, sich davonzumachen. Auf welche Weise und warum aber kam er nach Tautenburg?
Bevor Krüss in die kleine Gemeinde an der Saale kam, war er durch eine Fersenentzündung zu einem Zwischenstopp in Naumburg oder Camburg gezwungen (Hier ist er sich in der Erinnerung nicht sicher.) und kam bei einer Familie Schwalbe unter. Hier erfuhr er zufällig von der Nähe Tautenburgs, von dem er wusste, dass dort das Haus des ehemaligen Inselpfarrers von Helgoland Högner zu finden war. Also brach er umgehend auf. Zu seiner Freude wurde er nicht nur im Pfarrhaus aufgenommen, sondern traf noch zwei weitere Insulaner an: Den Elektriker Jonny und dessen Schwester Waldtraut. Er verbrachte die sieben Tage in Tautenburg in einem steten Wechsel zwischen Pfarrhaus und Elektrogeschäft. Im Pfarrhaus konnte er schlafen und lesen und wenn ihn der Hunger packte, machte er sich auf den Weg zur Familie des Elektrikers, wo ihm all das serviert wurde, was im Tausch gegen Sicherungen oder Reparaturen zu haben war: Spanferkel, Mohnkuchen und Pudding. Dazu verging die Zeit hier in lebhafter Unterhaltung, wobei Krüss von seinem reichhaltigen Schatz an Heimkehreranekdoten Gebrauch machen konnte. Ein Sohn des Pfarrers war ständig mit dem Fahrrad in der Gegend unterwegs, was ihn auf die Idee brachte auch dem Besucher ein Rad zu besorgen. Das im Schuppen gefundene Exemplar wurde von Jonny verkehrstüchtig gemacht. Krüss konnte nun innerhalb kurzer Zeit weite Strecken hinter sich bringen.
Nach Tautenburg kam James Krüss später nicht mehr. Die Kinder des Pastorenehepaares aber ließen die Verbindung zur Insel Helgoland nicht abreißen. James Krüss schrieb viele Bücher, die nicht nur Kinder gerne lesen. Die bekanntesten sind wohl »Mein Urgroßvater und ich« und »Timm Thaler oder Das verkaufte Lachen«.
Abb. 1, 2: Fotos: Jens-Fietje Dwars / Abb. 3: Foto: Jens Kirsten.
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