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Patrick Siebert
Detlef Ignasiak: Das literarische Thüringen, Bucha 2014.
Wie kaum ein anderer Name ist er Martin Luthers (1483–1546) mit der Stadt Eisenach verbunden. Ist sein Aufenthalt auf der Wartburg 1521/22 und die dabei umgesetzte Übersetzung des neuen Testamentes in die deutsche Sprache allgemein bekannt, so ist es die enge private Verbindung mit der Stadt nicht. Die Familie der Mutter Luthers ist bereits ab 1406 in Eisenach unter dem Namen Lindemann aktenkundlich erfasst. Anders als die Eltern Luthers waren die Lindemannschen Vorfahren meist Gelehrte und – wie es der Zufall will – einer von ihnen, Kaspar Lindemann, war nicht nur Leibarzt von Friedrich dem Weisen, sondern auch Professor in Wittenberg. Luther selber gelangte 1498 erstmals nach Eisenach, wo er die Pfarrschule St. Georgen bis 1501 besuchte. Warum er erst im zweiten Schuljahr von Verwandten, zunächst von Heinrich Schalbe, später von Ursula Cotta, aufgenommen wurde, bleibt offen. Er wohnte hier in der heutigen Georgenstraße. Während der Eisenacher Zeit erhielt er seine musikalische Ausbildung, die für seinen akademischen Werdegang an der Universität Erfurt hilfreich war.
Erst durch seine Gefangennahme kam Luther wieder in das Gebiet im Eisenach zurück und lebte von Mai 1521 bis März 1522 in zwei »Kavaliersgefängnissen« der Vogtei auf der Wartburg als Gast des Burghauptmannes Hans von Berlepsch. Zur Tarnung waren Ritterbekleidung und Bart Pflicht, darüber hinaus sorgte auch das fleischreiche Essen für eine allmähliche Veränderung seines Aussehens. Die eigentliche Übersetzung des Neuen Testaments leistete er in weniger als elf Wochen, wobei ihm keine nennenswerten Hilfsmittel zur Verfügung standen. Dabei hat er sich weniger an eine wörtliche Übersetzung gehalten, sondern mit dem Ziel einer plastischen und allgemeinverständlichen Sprache »dem Volk aufs Maul geschaut«.
Wenige Jahre später wirkte der neulateinische Lyriker Henricus Husanus (1536–1587) in der Stadt. Seine zentralen Werke sind die hofkritischen Gedichte von 1573, in die er eigene Erlebnisse einband. Im Hellgrevenhof (Georgenstraße) 43 lebte von 1666 bis 1678 Kaspar Stieler, der an 1668 als »der Spate« Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft war. Ein weiteres Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft, Christian Franz Paullini (1643–1712), »der Wachsame«, war nicht nur Arzt und Verfasser populärer medizinscher Schriften (»Heilsame Dreck-Apotheke«, 1696) und Lyriker. Er war gleichzeitig auch Goldmacher und Alchimist, geriet durch die Mitarbeit an der Fälschung mittelalterlicher Quellen in Verruf. Eine von ihm geplante Sprach- und Literaturgesellschaft, den »Belorbeerten Taubenorden«, konnte das Herzogtum aufgrund fiskalischer Probleme nicht umsetzen. Johann Limberg (um 1650–1714), Verfasser von Reiseschriften, schrieb mit »Das im Jahr 1708 lebende und schwebende Eisenach« den ersten Eisenacher Stadtführer. Mit der Edition von Äsops und Phaedrus‘ Fabeln, sowie als Cicero-Herausgeber machte sich Johann Michael Heusinger (1690–1751) einen Namen, der ab 1738 in Eisenach lebte und hier 1751 verstarb. 1742 wurde Charlotte von Stein in einem Haus geboren, an dessen Stelle heute das Eisenacher Stadtschloss steht. In diesem wiederum kam 1752 Luise von Göchhausen zur Welt.
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