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Thüringen im Nationalsozialismus
Katrin Lemke
Die Exkursion entstand im Rahmen eines Projekts der Literarischen Gesellschaft Thüringen e.V.
Überquert man den Löbdergraben, gelangt man in eine kleine Gasse, Am Rähmen, die leider fast nichts von ihrem seinerzeitigen Flair als Vorstadtgässchen im Grünen bewahren konnte. Hier floss bis in die 1930er Jahre die Lache, ein Nebenarm der Saale, an deren Ufern die Färber und Gerber ihre bespannten Rahmen aufstellten. Neben der Tonnenmühle (mit Markierung des höchsten jemals gemessenen Saalehochwassers) gibt es nur noch ein nennenswertes historisches Gebäude, die Nr.21.
Hier lebte Antje Bultmann Lemke, geb. 1918, die letzte Sekretärin und junge Freundin Ricarda Huchs. In diesem Haus mit Turm zur Sternbeobachtung (das Mitte des 17. Jhd.s als Sommerpalais für einen der Weimarer Prinzen gebaut, später von dem im 19. Jhd. berühmten Philosophen K. Chr. F. Krause als Wohnhaus genutzt und in den 1980er Jahren unter Denkmalschutz gestellt wurde) entstand das letzte Porträt, für das Ricarda Huch selbst Modell gesessen hat. Die Freundin Marie Baum erfuhr per Brief am 20.3.1941: »Ich werde zur Zeit gemalt von dem Mann einer jungen Frau, die so reizend ist, daß ich ihr nichts abschlagen kann. Der Mann ist Assistenzarzt in der Psychiatrischen Klinik und malt nebenbei … das Sitzen ist mir eine Plage, und dann noch als Scheusal auf die Leinwand zu kommen, ist kein Vergnügen.«
Dieses Porträt, ca. 80 x 100 cm groß, zeigt – weit entfernt davon, ein »Scheusal auf der Leinwand« wiederzugeben – ein würdevolles, durchgeistigtes Frauengesicht mit müdem, aber doch konzentriertem Blick. Es befindet sich im Privatbesitz der Familie Lemke in Cospeda und kann nur auf Anfrage besichtigt werden. Antje Lemke aber war nicht nur die Vermittlerin dieses Bildes, sondern ab 1941 eine Vertraute der Huch. Nach ihrer Scheidung von Dr. Rudolf Lemke im Frühjahr 1942 lebte sie zeitweise mit im Haushalt der Familie Huch-Böhm. Zu Ricarda Huch und ihrer Tochter Marietta Böhm entstand eine feste Freundschaft. Die beiden jüngeren Frauen teilten sich in die Betreuung der Älteren, sie begleiteten sie im Frühling1945 nach Tautenburg bei Jena, wo sie Schutz vor den Bombardements suchten, und schließlich auch 1947 beim Weggang aus Jena über Berlin nach Frankfurt/Main.
Antje Bultmann Lemke zog später in die USA und nach Kanada, wo sie als Germanistin und Hochschullehrerin arbeitete. Sie lebt heute hochbetagt in einem Altersheim in Phoenix, Arizona.
Abb. 1: Foto Stadmuseum Jena. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Stadtmuseums Jena / Abb. 2: Foto Jens-Fietje Dwars / Abb. 3: Gemälde von Rudolf Lemke, Sammlung Lemke / Abb. 4: Foto, Archiv Lemke.
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