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Nicht wohl; Angst mit dem ›Schnellzug‹ zu fahren – dies sind die ersten Zeilen der Tagebuchaufzeichnungen vom 1. September 1857 und sie sind beinahe deckungsgleich mit denjenigen seines ersten Besuchs in Weimar dreizehn Jahre zuvor. An seiner Angst vor dem Zugfahren hatte sich nicht viel geändert. Auch dieses Mal holt ihn niemand ab und keine seiner Bekannten bot ihm eine Unterkunft, so dass er, von Goethes Sohn arrangiert, ein Zimmer im »Hotel Elephant« bezog, was ihm, wie er merklich verärgert vermerkt, 1 ½ Taler täglich kostet. Immerhin gewährte ihm sein Zimmer einen Ausblick auf den Markt, wo hektisches Treiben herrschte. Andersen unternahm einige Höflichkeitsbesuche und suchte bereits gegen 9 Uhr abends sein Bett auf. Was würden die nächsten Tage bringen? Trubel, Reden, Jubel, stundenlanges Sitzen? Andersen graut es allein bei der Vorstellung. Schnell die Augen zu und schlafen.
Der folgende Tag, ein Mittwoch, gestaltete sich zunächst entspannt. Lediglich seinem großherzoglichen Freund nebst höfischer Entourage muss er seine Aufwartung machen. Die »Iphigenie« im Hoftheater am Abend ist mehr Vergnügen als Pflicht. Aber der Donnerstag beginnt für Andersen weit vor dem Aufstehen. Um fünf werden die Glocken geläutet, die plötzlich in Andersens Zimmer zu hängen scheinen. Als sich der zur Unzeit jählings aus dem Schlaf Gerissene noch einmal auf die andere Seite drehen will, poltert ein stupider Hausknecht: Jetzt fängt das Fest an. Alle bösen Vorahnungen scheinen sich bereits jetzt zu bestätigen.
Doch für das Erste ist Andersen von der Liebenswürdigkeit der üppig geschmückten Innenstadt beglückt. Girlanden, Kränze, Blumen. Wimpel und Fahnen. Das Rathaus am Markt mutet an wie ein festlich geschmücktes Schiff. Büsten von Carl August, Goethe, Schiller, Herder und Wieland rufen Erinnerungen an die prachtvollste Zeit dieser Stadt wach. Es scheint, als wolle man das Vergangene zu neuem Leben erwecken, es geradezu herbeizwingen. Die Grundsteinlegung des Denkmals zu Ehren Carl Augusts sieht sein Programm als erste Veranstaltung vor. Eine langwierige, öde Zeremonie, untermalt von nadelfeinem Nieselregen. Allein der Vorbeizug herausgeputzter Studenten macht ihm das Procedere erträglich. Nach einer Stunde verlässt Andersen den Fürstenplatz. Der Großherzog hat ihn zum Essen eingeladen. Abends steht ein neuerlicher Theaterbesuch auf dem Programm.
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