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Literarisches Thüringen um 1800
Matthias Biskupek
Die Exkursion entstand im Rahmen eines Projektes der Literarischen Gesellschaft Thüringen e.V.
Und drinnen waltet die züchtige Hausfrau
»Kommen Sie getrost herein – ist nicht Türe da und Trittstein?« Das hört sich jetzt nach Goethe an und hat seine Bewandtnis: Hier trafen sich die Geistesheroen zum ersten Male. Am 7. September 1788, kam Goethe nach seinem langen Italienaufenthalt von Großkochberg hier herüber. Eingefädelt hatten das die Lengefeld-Schwestern.
Man betrug sich damals noch etwas steif zueinander, die berühmte Dichterfreundschaft begann erst Jahre später in Jena. Schiller schrieb, Goethe wäre wie eine stolze Prüde, der man ein Kind machen müsste, um sie vor aller Welt zu demütigen.
Das heutige »Schillerhaus« beherbergt das »Restaurant Schiller« und den Kassen- und Verkaufsraum des Museums. Das Obergeschoss ist ein Memorialmuseum – und vermutlich in jenem Salon, wo man sich traf, ist jene erste Goethe-Schiller-Begegnung in einer Videoinstallation zu sehen – mit Augenzwinkern.
Zur Geschichte der Bewohner in den ausgehenden achtziger Jahren des 18. Jahrhunderts:
Mama Louise Lengefeld, chère mère genannt, die nachmalige Schillersche Schwiegermama, war mit einem Forstmann verheiratet, der allerdings starb, als seine Töchter Caroline – die ältere – und Charlotte – die jüngere – noch Kinder waren. Die Familie zog daraufhin aus ihrem angestammten Lengefeldschen Hause (Station 10) aus und, nachdem die ältere Schwester Caroline den Kammerherrn von Beulwitz geheiratet hatte, in dieses Haus. Vorn wohnte das junge kinderlose Ehepaar, im hinteren Teil – mit Blick auf die Gärten bis Volkstedt (Station 14) – die Mama mit der ledigen Tochter Lotte.
Geheimrat Beulwitz hatte oft auswärts zu tun – und seine Frau Caroline vor allem Poesie in Busen und Kopf. Und andere Männer. Vor allem Männer mit Poesien – Schiller kam ihr also wie gerufen. Es heißt ja, daß sie seine wahre Geliebte war. Immerhin schrieb Schiller ihr im September 1788 ein Billet, das sie vergessen hatte, zu vernichten. »Gestern Abend blieb ich nicht mehr Herr meines Thuns …« Das wird auch im Schillerfilm »Die geliebten Schwestern« als Hauptindiz herangezogen, dass sie miteinander eine durchaus erotische Beziehung hatten. Ob es auch eine sexuelle war, darüber darf weiter spekuliert werden.
Caroline, verheiratete Beulwitz, ließ sich 1794 schließlich scheiden. Wegen körperlichen Nichtvollzugs der Ehe. Zu der Zeit war sie schwanger – Ehemann Beulwitz seit Monaten nicht mehr in Rudolstadt. Caroline kam dann in der Schweiz nieder, mit einem strammen Knaben namens Adolph. Vater hätten sein gekonnt: Ein Kirchengewaltiger namens Karl von Dalberg, zweitens ein Herr aus dem Baltikum, ein gewisser Gustav Behagel von Adlerskron, der kam immer als Lückenbüßer – mit Verlaub – in Betracht, platzte mal in Jena rein, mal im Schwäbischen, wo immer Caroline grad war. Mit größerer Sicherheit war es aber wohl, Wilhelm, der späteren Ehemann von Wolzogen. Bleibt noch Schiller. Was wiederum der Film behauptet.
Es muss oft geregnet haben, in diesem Sommer 1788. Doch Verliebte stört kein Wetter. Schiller hatte die beiden reizenden Schwestern im Kopf. Die eine reizte ihn – die andere reizte er. Ein Beispiel für den vertrauten Umgang der drei miteinander: Die beiden Schwestern besaßen eine Katze »TouTou«, die von den Schwestern natürlich auf gut rudelstädtisch Dudu gerufen wurde, was Schillern dann auch so aufschrieb. DuDu.
Abb. 1, 2: Foto: Jens-Fietje Dwars.
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